Momente – Michael Bay verstehen

Es ist das alte Thema: Die gefühlt zwölfte Fortsetzung von Michael Bay’s Transformers ist gerade in den Kinos angelaufen, sie wird von Kritikern zerrissen, doch irgendwie scheint sich die breite Masse nicht dafür zu interessieren und sieht sich den Film, den sie schon im Vorjahr gesehen hat noch einmal an. Doch was ist es, das Michael Bay’s Filme in gewissen Kreisen beliebt sein lassen, und in anderen so verhasst?
Um Michael Bay und seinen Stil verstehen zu können, müssen wir ihn uns genauer unter die Lupe nehmen. Der Einfachheit halber werde ich mich hier vor allem auf die von Michael Bay gemachten Actionfilme konzentrieren und weniger auf die Komödien.
Das wichtigste an einem typischen Bay-Actionfilm sind die einzelnen Momente. Wenn Bay über fremde Filme spricht, so faszinieren ihn vor allem diese. Es interessiert ihn nicht wie eine Geschichte durch ihre höhen und Tiefen geht und schon gar nicht interessieren ihn ruhige Momente.
Dies spiegelt sich direkt in seinen Filmen wieder, die oftmals aus einzelnen Momenten zu bestehen scheinen, die lose und ohne wirkliche Verbindung zueinander aneinander gereiht sind. Was er dabei nicht zu sehen scheint ist, dass die Geschichte immer das tragende Element eines Filmes sein sollte (hier spreche ich natürlich aus der Perspektive eines Filmemachers oder eines Kritikers). Jede Handlung in der Produktion eines Spielfilmes sollte dem Erzählen der Geschichte dienen.
Michael Bay’s Verständnis des Spielfilmes sieht die Geschichte jedoch nur als Krücke an, die einzelne, gute Momente aneinander reiht. Und bitte verstehen sie mich nicht falsch, Michael Bay ist ein Experte in seinem Feld. Die einzelnen Momente seiner Filme sind tatsächlich gewaltig und beeindruckend. Doch der Grund, warum ich Transformers trotz den ganzen Explosionen einschläfernd finde ist, dass die einzelnen (sehr gut umgesetzten) Momente nichts bedeuten, da die Geschichte und die Charaktere, die sie bevölkern nicht im Geringsten interessant sind. Ausserdem versucht Bay, seine Filme möglichst ohne Tiefen zu gestalten, was man sehr deutlich daran erkennen kann, dass er die Kamera selbst in verhältnismässig ruhigen Gesprächsszenen niemals zur Ruhe kommen lässt. Dies führt zu einem monotonen Einheitsbrei, der niemals wirklich dramatisch wirkt, da der Film niemals durch ruhige Elemente unterbrochen wird.
Film ist nach meinem Verständnis eine Aneinanderreihung von Momenten und Emotionen, die einer übergeordneten Geschichte folgen. Dabei geht es nicht nur das Publikum für einen Moment mit Computergrafiken zu beeindrucken, sondern darum, es eine emotionale Wanderung begehen zu lassen, die noch lange nach dem Kinobesuch nachhallt und zum Nachdenken anregt. Dies erreicht man, in dem man eine in sich schlüssige Geschichte erzählt. Danach sollte jede Regieentscheidung der Story dienen. In Michael Bay’s Filmen dient die Kamera beispielsweise niemals der Story, sondern ist immer so geführt, dass möglichst viel gleichzeitig und dies möglichst intensiv geschieht, sie dient immer der Dramatisierung des Moments und nicht der Geschichte. Die Geschichte ist somit der Diener der kurzweiligen Momente, und nicht umgekehrt.
Diese Grundhaltung, die Michael Bay mit seinen Filmen propagiert, möchte ich hier nicht abwerten. Sie hat eine gewisse Daseinsberechtigung, nicht zuletzt da die Transformers Reihe sich durchaus bewusst ist, was sie ist und was nicht. Somit finde ich es auch nicht unbedingt schlecht, dass sich mancher durchschnittliche Kinobesucher gerne einmal einen Transformers Film ansieht, und ich finde es ebenfalls nicht schlecht, dass die Kritiker die Filme jedes Mal in der Luft zerreissen. Es ist lediglich ein wenig schade, dass man das Publikum somit von Meisterwerken ablenkt, die den Film als Kunstform anerkennen und in seinem vollen Potential ausnutzen.