Lost in Translation – Schimpfwörter sy Glückssach

Vor einigen Jahren habe ich begonnen, englischsprachige Filme und TV-Shows in ihrer Originalsprache anzusehen. Mit dieser Umstellung fiel mir erst auf, für wie stumpfsinnig und empfindlich das deutschsprachige Publikum gehalten wird.
Wenn ich einen Film oder eine Serie zuerst in der Originalsprache, und dann in der deutschen Übersetzung ansehe, so sind oftmals schlaflose Nächte mit furchterregenden Albträumen vorprogrammiert. Besonders auffällig sind für mich Serien wie Family Guy, South Park (ja, ich sehe mir niveaulos intelligente Sozialkritik an, dazu ein ander Mal mehr) und Archer, da diese im Original zu 50% von den Synchronsprechern leben und auf sie zugeschnitten sind. Die Hälfte des Witzes und Charmes von Archer wird durch die absolut hervorragende Performance von H. Jon Benjamin hervorgerufen. Auch wenn die deutsche Version einen technisch betrachtet guten Synchronsprecher hat, so ist und wird es niemals der echte Archer sein (damit die Komik in Archer funktioniert, ist ein perfektes Timing gefragt, das von H. Jon Benjamin sehr gut herüber gebracht wird).
Doch mein Problem mit Übersetzungen aus dem Englischen liegt nicht nur bei den Sprechern. Die Englische Sprache hat einen komplett anderen Fluss und Charakter als die deutsche, was die Übersetzer teilweise vor unüberwindbare Hindernisse stellt. Beispielsweise funktionieren viele Wortspiele und Wortwitze nur in einer der beiden Sprachen und gehen somit bei der Übersetzung verloren (man sehe sich nur die South Park Folge „Ass Burgers“ an. Der Titel und die komplette Handlung dieser Folge beruht darauf, dass Cartman das Wort „Asperger Syndrome“ als „Ass Burger Syndrome“ versteht, da diese beiden Ausdrücke im Englischen genau gleich ausgesprochen werden. In der deutschen Version verwechselt Cartman „Asperger Syndrom“ mit „Arsch Burger Syndrom“, was nicht zur Verwechslung führen kann, da diese Ausdrücke verschieden ausgesprochen werden).
Besonders Komödien leiden unter der Sprachbarriere, da Wortspiele und Ausdrucksweisen in der Englischen Sprache oft für Gags verwendet werden, was logischerweise nicht oder nur bedingt Übersetzbar ist.
Eines der schlimmsten Verbrechen in der Übersetzung finde ich jedoch, wenn durch Einschränkungen in der Übersetzung die Charakteristiken der verschiedenen Figuren nicht mehr so zur Geltung kommen, wie sie es in der Originalsprache tun. Ein gutes Beispiel sind Fluchwörter. Mir ist bis heute nicht ersichtlich, warum die meisten Fluchwörter in der Übersetzung zensuriert werden. Wenn eine Figur beispielsweise einen sehr verschrobenen Charakter hat, so ist es nachvollziehbar, dass er in der englischen Sprachversion das Wort „Fuck“ oft verwendet. Wenn dies in der deutschen Version mit „verdammt“, „doof“ oder Ähnlichem übersetzt wird, so kommt die Wortwahl des Charakters nicht mehr zur Geltung. Empfindliche Seelen argumentieren, die Verwendung von Fluchwörtern in Filmen habe einen schlechten Einfluss auf jüngere Zuschauer, was ich für völligen Schwachsinn halte. Filme mit der Altersbeschränkung ab 12 Jahren dürfen Enthauptungen, Sex (ohne komplette Nacktheit) und Ähnliches beinhalten, aber man soll nicht Scheisse sagen dürfen? Zwölfjährige haben dieses Wort bereits in ihrem aktiven Wortschatz, eine Tabuisierung dieser Wörter führt in dieser Altersklasse sowieso nur dazu, dass sie umso mehr benutzt werden.
Wie sie sehen, ist mir die Übersetzung von Filmen und Serien ein Dorn im Auge. Natürlich gibt es auch Gegenbeispiele, wie zum Beispiel die amerikanische Sitcom „How I Met Your Mother“. Die deutschen Synchronstimmen kommen zwar nicht ganz an ihre englischsprachigen Pendants heran, doch sie kommen ziemlich nahe, was meiner Meinung das beste ist, was man erreichen kann. Es muss jedoch hinzugefügt werden, dass diese Serie sehr einfach zu übersetzen ist, da es weitgehend an Wortspielen und Witzen, die nach einer englischen Satzstellung verlangen, fehlt. Ausserdem wird auch nicht geflucht und die Sprache ist relativ simpel gehalten. Weitere Positivbeispiele sind House of Cards und die Bourne Trilogie.
Doch all diese schlechten Übersetzungen sind nichts im Gegensatz zur Welt der Filmtitel. Aus verschiedenen Gründen denken deutschsprachige (und wie ich erfahren habe, ist es in Frankreich noch schlimmer) Verleger, dass es gut sei, Englische Titel so schlecht wie irgendwie nur möglich ins Deutsche zu übersetzen. So wird Beispielsweise aus „The Eternal Sunshine of a Spotless Mind“ zu „Vergiss mein nicht!“ (Hier wurde ganze Arbeit geleistet. Ein genialer Filmtitel, der viel für Interpretation offen lässt, eine wunderschöne Wortkette bildet und sich zudem deutlich vom Rest abhebt, wird zu einer romantischen B-Movie Komödie degradiert), „The Battery“ wird zu „Ben & Mickey vs. the Dead“ (logisch, denn deutschsprachige Kinobesucher sind eindeutig zu dumm, das Wort „Battery“ zu verstehen. Zum Glück wurde uns ein fünf mal längerer Titel gegeben, der ebenfalls in englisch ist… ), „Don’t look now“ wurde zu „Wenn die Gondeln Trauer Tragen“ (Die Gondeln tragen was? Welche Gondeln?) etc…
Die Begründungen für solche Übersetzungen liegen, wie so oft, in der Macht des Geldes. Die Verleger möchten geringe Risiken eingehen und den maximalen Profit herausschlagen (natürlich nur die meisten). Es hat sich als Verkaufspraxis durchgesetzt, dass man die Menschen mit allen Mitteln dazu bringt, den Kinoeintritt oder die DVD zu kaufen, egal ob die Kunden danach mit dem Produkt zufrieden sind. So wurde bei dem grossartigen Indie-Film „The Battery“ über eine schlaue Marketingstrategie für den europäischen Markt überlegt. Da der Film nicht bekannt war, hatte man vermutlich Angst, der Film werde von der breiten Masse gar nicht beachtet. So wählte man einen Namen, der möglichst nach Mainstream-Zombiefilm klingt, um den Film der „dummen“ Masse schmackhaft zu machen. Was hierbei völlig ausser Acht gelassen wird ist, dass die meisten Kunden mit dem Produkt nicht zufrieden sein werden, da sie keinen Mainstream-Zombiefilm erhalten haben. Leider hat dies keine Auswirkungen auf den Verkauf, da der Kunde das Produkt ja bereits bezahlt hat, wenn er es zu sehen bekommt. So werden Übersetzungen oder Änderungen in den Filmtiteln dazu verwendet, die Konsumenten unter falschen Versprechungen anzulocken und sie zum Kauf zu bewegen.
Ein weiteres Beispiel für die komplette Falschvermarktung von Filmen ist Drive, der in den Trailern nach einem Action Film aussah, jedoch alles andere als das ist.
Wer der englischen Sprache mächtig ist, dem empfehle ich dringend, Filme und Serien in ihrer Originalsprache zu geniessen, da man sonst einiges verpasst, was das moderne Kino zu bieten hat. Unterdessen bin ich weiterhin froh, dass die deutschsprachige Version von „Alien“ in „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ umbenannt wurde. Ohne den Erklärungssatz hätte ich nämlich niemals erraten, dass ein Film Namens „Alien“ von einem unheimlichen Wesen aus einer Fremden Welt handelt. Ademerci

 

Empfehlung: eine Sammlung von irrwitzigen Filmtiteln: http://www.moviepilot.de/news/top-7-deutsche-filmtitel-die-uns-fuer-bloed-halten-109320